Haltung zeigen! Demokratie und Zivilcourage stärken!

Tagung der GEW in Leipzig zu Rechtspopulismus in der Bildung

Unter dem klaren Motto „Haltung zeigen – Demokratie und Zivilcourage stärken!“ hat die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW)bei ihrer Tagung in Leipzig Anfang November den Umgang mit rechtem Gedankengut im Bildungsbereich thematisiert. Rund 120 pädagogische Fach- und Lehrkräfte waren dort für zwei Tage mit Expert*innen für Rechtsextremismus zusammengekommen, um pädagogische und gewerkschaftliche Handlungsstrategien gegen den Rechtsruck zu diskutieren. Unsere Geschäftsführerin Dr. Klaudia Tietze war für die Gelbe Hand mit einem Infostand vor Ort, um sich mit den Lehrer*innen und Pädagog*innen auszutauschen.

GEW-Vorsitzende Marlis Tepe machte zum Auftaktdeutlich, dass die Auseinandersetzung mit Rechtspopulismus nach den Landtagswahlen in Sachsen, Brandenburg und Thüringen, bei denen die AfD jeweils deutlich über 20 Prozent der Stimmen bekommen hatte, umso notwendiger sei: „Wir befinden uns im Kampf gegen rechts. “Rechtsextremistische Meinungsmache gebe es mittlerweile in allen Bildungseinrichtungen, die Grenzen des Sagbaren hätten sich verschoben, warnte Tepe. Gewerkschaften würden von Rechtsradikalen in einen Graben gewünscht, der dann zugeschüttet werden solle. Daher müsse Demokratieerziehung heute in der Kita beginnen ,in der Schule weitergehen und in den Hochschulen und der Erwachsenenbildung fortgesetzt werden. Die GEW habe bereits Ansprechpartner in den Landesverbänden etabliert und wolle ihr Engagement auf Bundesebene künftig weiter ausbauen. Wir stehen für Solidarität, Demokratie und Chancengleichheit. Wir treten aus vollem Herzen ein gegen Rassismus, Nationalismus, Antisemitismus und alle anderen Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit.

Dass die Konferenz gerade in Sachsen als einer Hochburg rechter Stimmungen stattfand, war für den DGB-Bezirksvorsitzenden Markus Schlimbach eine Ermutigung. „Man fühlt sich hier manchmal alleingelassen. Man spüre im Freistaat, wie sich rechtsextreme Gesinnungen in der Alltagskultur einnisteten: etwa mit dem Wunsch nach „Thor-Feiern“ in der Kita, dem AfD-Beschwerdeportal über Lehrkräfte und einer AfD-Landtagsfraktion in Dresden, die nicht nur 38 Abgeordnete, sondern auch mehr als 200 Mitarbeiter habe. Die Gewerkschaften gehörten da noch zu den wenigen gesellschaftlichen Organisationen, die Haltung zeigen. „Das Nationalistische und Völkische will eine Kultur bestimmen und Andersdenkende einschüchtern", warnte Schlimbach. „Wir müssen unsere Grenzen deutlich machen.“

In ihrem Vortrag zur politischen Bildungsarbeit machte Prof. Anja Besand, Professorin für Didaktik an der TU Dresden, deutlich, dass Schule einen demokratischen Bildungsauftrag habe. „Schule ist der Ort, an dem wir eine freiheitlich demokratische Haltung zeigen müssen“, betonte Besand. Allerdings würden Lehrkräfte die Auseinandersetzung mitunter eher scheuen –nicht zuletzt aus Mangel an Erfahrungen, Professionalisierung und Kapazitäten. Dabei gebe es einige Stolpersteine, die Lehrkräfte unbedingt vermeiden sollten. Darunter: Indifferent zu bleiben und die Opfer zu übersehen, sich an einer Normalisierung der Ausgrenzung und Distanzierung indirekt zu beteiligen, übermäßig zu reagieren, umfassende Verbote auszusprechen oder sich vereinzeln zu lassen. Wie aber sollen Lehrerinnen und Lehrer reagieren, wenn sie mit rechtsextremen Einstellungen im Schulalltagkonfrontiert werden? Prof. Rico Behrens und Stefan Breuer haben drei Jahre lang das Projekt „Starke Lehrer – starke Schüler“ an neun Berufsschulen in Sachsen geleitet und Lehrkräfte im Umgang mit rechtsextremen Äußerungen trainiert. Sie gaben ihre Erkenntnisse auf der Tagung weiter. Eine zentrale Regel lautete dabei, Vorfälle nicht zu bagatellisieren oder wegzuschauen. „Wie auch immer eine Reaktion aussieht: Wichtig ist, es gibt überhaupt eine“,sagt Behrens. Hilfreich seien dabei starke, konstruktive Schulleitungen, die eine unterstützende und wertschätzende Rolle einnehmen. Mehrere Workshops mit Praktikern der politischen Bildungsarbeit gingen in Kleingruppender Frage nach, welche Handlungsoptionenpädagogische Fach- und Lehrkräfte gegenrechte Hetze haben. Eine große Hilfe ist – da waren sich die Diskussionsrunden einig –, Beratung und Unterstützung von außen zu holen. Mittlerweile besteht ein bundesweites Netz von Vereinen und Institutionen, die Hilfe im Umgang mit Rechtsextremen anbieten. Die GEW hat eine mehrseitige Liste mit Handreichungen und Praxismaterialien erstellt. Tepes Appell: Lasst uns untergehakt und rückengestärkt aus dieser Konferenz herausgehen. Erstveröffentlichung des Berichts und mehr Infos zur Tagung unter: https://www.gew.de/aktuelles/detailseite/neuigkeiten/stark-gegen-rechts/

v.l. Dr. Klaudia Tietze, Geschäftsführerin der Gelben Hand, Marlis Tepe, Vorsitzende der GEW, Elina Stock, Referentin im GEW-Hauptvorstand (Foto: Sebastian Willnow)