„Der Schutz jüdischen Lebens muss Maxime all unseres Handelns sein.“

Gewerkschaften erinnern an die Novemberpogrome vom 9./10.11.1938

Der 9. November stellt einen Eckpfeiler der deutschen Geschichte dar, an dem viele historische Ereignisse stattfanden, die für unser Geschichtsverständnis prägend sind. Insbesondere fallen viele wichtige Ereignisse wie die Novemberrevolution 1918 oder der Mauerfall 1989 auf diesen Tag. Ein besonders trauriges Ereignis stellen die Novemberpogrome am 9. und 10. November 1938 dar, bei denen organisiert durch SA-Truppen und SS-Angehörige gewalttätige Übergriffe gegen die jüdische Bevölkerung in den deutschen Städten stattfanden.

In der Nacht vom 9. zum 10. November 1938 wurden in Deutschland 100 Menschen ermordet, zahllose Wohnungen verwüstet, 1200 Synagogen niedergebrannt und 8000 jüdische Geschäfte zerstört. Die Staatspolizei griff gemäß ihrem Auftrag durch die NS-Führung nur bei Plünderung ein, viel mehr handelte sie nach dem Befehl in allen Bezirken so viele Juden wie möglich zu verhaften. In den folgenden Tagen wurden 30000 jüdische Männer verhaftet und in die Konzentrationslager Dachau, Buchenwald und Sachsenhausen verschleppt. Somit stellt der 9. November einen Wendepunkt in der Judenverfolgung unter der nationalsozialistischen Diktatur dar, in der von der Diskriminierung und Ausgrenzung zur offenen Feindschaft übergegangen wurde.

Marc Neumann, unser stellvertretender Vorsitzender und Referent beim DGB-Bundesvorstand, zuständig für Antirassismus, bewertet die Novemberpogrome mit Blick auf den steigenden Antisemitismus heute in unserer Gesellschaft. Er macht deutlich: „Am 9. November gedenken wir der Reichspogromnacht 1938. An diesem Tag legten die Nationalsozialisten die letzten Reste ihrer legalen Fassade ab. Es war der Vorkriegs-Höhepunkt der systematischen Entrechtung der Juden, die später im industriellen Massenmord an sechs Millionen Menschen, der Shoah, mündete. Die Bilder der brennenden Synagogen, der jubelnden Schaulustigen, der untätigen Feuerwehr dürfen sich nie wiederholen. Der Schutz jüdischen Lebens muss nach dem Holocaust Maxime all unseres Handelns sein. Wenn in diesen Tagen der Verfassungsschutz vor steil ansteigendem Antisemitismus warnt, läuft in unserer Gesellschaft einiges gehörig aus dem Ruder. Alle Antisemiten gehören entschieden bekämpft – egal, zu welchem Lager sie gehören.“

Wie in den Jahren davor hat auch in diesem Jahr der DGB die Erinnerung an die Novemberpogrome aufrechterhalten und dabei immer wieder betont, dass jede Form von Rassismus weder in unserer Gesellschaft noch in den Betrieben einen Platz hat. Der DGB steht für die unantastbare Würde des Menschen und ein solidarisches Miteinander. Jedoch waren dieses Jahr aufgrund der Pan­demie keine zentralen Gedenkveranstaltungen vorgesehen. Auch das alljährlich Erinnern und Gedenken der DGB-Jugend Bayern im KZ Dachau fand dieses Jahr nicht in Präsenz-Form statt, da die Gedenkstätte aufgrund der verschärften Infektionsschutzmaßnahmen geschlossen ist. Unter dem Motto: „Erinnern heißt kämpfen und natürlich werden wir auch dieses Jahr nicht schweigen!“ hat die Gewerkschaftsjugend in Bayern ihre Gedenkveranstaltung zu den Novemberpogromen digital durchgeführt. Dazu hat man sich am 8. November über Social Media online geschaltet. Zentral für die diesjährige Gedenkveranstaltung war die Gedenkrede in Form einer Videobotschaft von Annette Ramelsberger, Gerichtsreporterin bei der Süddeutschen Zeitung und Extremismus-Expertin. Darin betonte Ramelsberger die Aktualität rechten Gedankenguts sowie rechter Gewalt und warnte vor Verharmlosung.

DGB-Jugend Bayern gedenkt der Opfer des Nationalsozialismus in digitaler Form.